Von Oasen der Glückseligkeit und gruseligen Dingen:
die Jahreshauptversammlung des Stadtteilvereins Heidelberg-Rohrbach
von Hans-Jürgen Fuchs, Fotos Hans-Jürgen Fuchs und Johann Zuber (27. April 2024)
Eigentlich ist eine Jahreshauptversammlung eine streng formelle Routine-Sache. Aber was ist schon Routine in einem Verein, der fast 800 Mitglieder hat, sich inzwischen um vier Gebäude kümmert und das alles ehrenamtlich stemmt? Nicht Routine, Wandel und Anpassung sind Programm beim Rohrbacher Stadtteilverein. Das zeigte sich auch bei der wie immer bestens besuchten Jahreshauptversammlung am 19. April 2024 im Saal des Roten Ochsen. Es fehlten einzig die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte, die lieber mit 1.200 anderen Ehrengästen das neue Kongresszentrum einweihten.
Zu Beginn ließ der 1. Vorsitzende Konstantin Waldherr die wichtigsten Veranstaltungen und Ereignisse des vergangenen Jahres in Wort und Bild Revue passieren, nicht alle, dafür wäre der Abend zu kurz gewesen. Waldherr beschrieb die immer engere Vernetzung im Stadtteil, bei der der Stadtteilverein einen zentralen Knotenpunkt bildet.
Schatzmeister Christian Multerer Schatzmeister Christian Multerer berichtete in bekannter Präzision und Kürze, dass im vergangenen Jahr trotz eines leichten Rückgangs städtischer Zuschüsse und eines hohen finanziellen Einsatzes für die Rohrbacher Kerwe ein insgesamt positives Ergebnis erarbeitet wurde. Dazu trugen neben den Mitgliedsbeiträgen vor allem Spenden und Einnahmen aus der Vermietung des Alten Rathauses in Rohrbach bei. Bei den Ausgaben vermissten die älteren Anwesenden die Kosten für das Toilettenpapier bei der Kerwe. Aber wirklich nur die älteren. Christian Multerer konnte berichten, dass die Attraktivität des Vereins vor allem auch bei jüngeren Menschen stark gewachsen ist, was sich an steigenden Mitgliederzahlen zeigt.
Apropos „Mitglieder”: von Karin Weidenheimer stammt die wunderschöne Gender-Wortschöpfung „Mitgliederinnen”. Wenn das ihre Partei gehört hätte! Die 2. Vorsitzende, berichtete aus der Arbeitsgemeinschaft der Heidelberger Stadtteilvereine und der Arbeit des Rohrbacher Bezirksbeirats, in dem ebenfalls viele Mitglieder des Vorstands und Beirats des Stadtteilvereins aktiv sind: Konstantin Waldherr als Vertreter der Stadtvereins, andere als Vertreter ihrer jeweiligen Parteien. Ein Erfolgsmodell scheint das neu eingeführte Stadtteilbudget zu werden. Die Arbeit des Gremiums hat sehr konstruktiv begonnen und erste, durch Gelder der Stadt unterstützte, Projekte wurden bereits umgesetzt.
Dass der Fokus des Stadtteilvereins schon lange nicht mehr ausschließlich auf Alt-Rohrbach gerichtet ist, machte Bernd Knauber, 3. Vorsitzender des Stadtteilvereins, deutlich. Er berichtete über die Aktivitäten im Hasenleiser, wo der Stadtteilverein Rohrbach unter anderem im Vergabebeirat des Quartiersmanagement aktiv ist. Die Übernahme der Verantwortung für das Rohrbacher Kulturhaus und die Chapel im Hospital wird dieses Engagement für den Rohrbacher Westen noch verstärken. Wenn sie denn mal erfolgt. Sowohl Knauber („eine gruselige Sache”) als auch Waldherr schilderten den „Fortgang” der Arbeiten im Kulturhaus und der Chapel. Da werde geplant ohne die künftigen Nutzenden, u. a. den Stadtteilverein, einzubeziehen.
Über das Rohrbacher Heimatmuseum konnte Positives berichtet werden. Die Probleme im Zusammenhang mit der Pandemie sind überwunden, das Museum wird wieder kräftig besucht, berichtete Sepp Haselbeck. Nicht nur Einzelpersonen, vergangenes Jahr besuchten viele Gruppen die Ausstellung, u. a. Lehrer und auch Kolleginnen und Kollegen aus anderen Museen. Haselbeck bedankte sich vor allem bei Erica Dutzi für deren unermüdlichen Einsatz für das Heimatmuseum.
Auf die Berichte folgte die Entlastung des Vorstands. Reiner Herbold hatte von der Prüfung berichtet, die er und Michael Gail akribisch durchgeführt hatten – ohne einen Fehler zu finden. Und die Versammlung folgte dem Entlastungsantrag einstimmig.
Im Anschluss folgten die Wahlen, bei denen Karin Weidenheimer nicht mehr antrat. An ihrer Stelle wurde Christian Multerer ohne Gegenstimmen zum 2. Vorsitzenden gewählt. Die Schriftführerin Erica Dutzi wurde einstimmig im Amt bestätigt, ebenso die Kassenprüfer Reiner Herbold und Michael Gail. Multerer wird bis zu der nächsten Jahreshauptversammlung das Amt des Schatzmeisters weiterführen und dann an einen Nachfolger weitergeben. Oder eine Nachfolgerin. Es wird also jemand gesucht, um die wichtige Aufgabe gewissenhaft weiterzuführen!
Bernd Frauenfeld, Ehrenvorsitzender des Stadtteilvereins, freute sich auch über die Wahl von Christian Multerer zum 2. Vorsitzenden. Er merkte aber kritisch an, dass dieser immer noch kein „rischdisches Rohrbacherisch” spricht. Wenn ich, ebenfalls Ehrenvorsitzender des Stadtteilvereins, mir vorstelle, wie das klänge, wenn er es versucht, dann denke ich: es ist vielleicht besser so.
Die Versammlung ernannte schließlich Karl Emer und Werner Pfisterer zu Ehrenmitgliedern des Vereins. Sie drückte durch die Ernennung von Emer und Pfisterer ihren Dank für deren kontinuierliche und wichtige Tätigkeit im Gemeinderat auch für den Stadtteil aus. Beide Geehrte kandidieren bei den Wahlen im Juni nicht mehr für den Gemeinderat.
Die ebenfalls zum Ehrenmitglied ernannte Karin Weidenheimer, die elf Jahre lang im Stadtteilverein Rohrbach als 2. Vorsitzende wirkte, blickte in einem kurzen Redebeitrag auf den Beginn ihrer Arbeit mit der Wahl von 2013 zurück. Sie rief die Zeit in Erinnerung, als sie und Hans-Jürgen Fuchs vor der Aufgabe standen, die Kontinuität im Verein zu wahren. Bernd Frauenfeld und Uli Pfefferkorn traten nicht mehr an, Klaus Weirich war schon vorher aus dem Vorstand ausgeschieden. Es war ein Kraftakt, der sich aber lohnte. Er bereitete einen Generationswechsel vor und schaffte die Grundlage dafür, dass der Stadtteilverein Rohrbach inzwischen besser aufgestellt ist, denn je. Bernd Frauenfeld übergab unter Applaus die Ernennungsurkunde.
In seinem Ausblick auf das kommende Jahr informierte Konstantin Waldherr, dass Mirjam Hofmann aus dem CA durch den Vorstand neu in den Beirat des Stadtteilvereins aufgenommen wurde, als Nachfolgerin des zurückgetretenen Arvid Boecker. Waldherr berichtete außerdem von den Schwierigkeiten bei den Sanierungsarbeiten des Kulturhauses und der Chapel im Hospital. Er musste außerdem mitteilen, dass die Polizei künftig den Martinszug nicht mehr über Rohrbach Markt hinweg begleiten wird, weil das bei über 1000 Teilnehmenden nicht mehr sicher zu gewährleisten sei. Eine Wegführung wie bisher wäre nur möglich, wenn man für die Dauer des Übergangs Rohrbach Markt ganz sperren würde. Einige im Saal, konnten dem etwas abgewinnen, aber leider ist dieser Weg wohl nicht pragmatisch. Deshalb soll der Martinszug in diesem Jahr versuchsweise im Rohrbacher Westen stattfinden und künftig möglicherweise abwechselnd in Rohrbach-West und -Ost.
Die größte Veranstaltung des Stadtteilvereins ist nach wie vor die Rohrbacher Kerwe. Diese konnte mit einem neuen Konzept nicht nur stabilisiert werden, sondern mit weiteren Angeboten ausgebaut. Allerdings bekunden nach wie vor zu wenig Schausteller Interesse an einer Teilnahme. Doch Waldherr zeigte sich optimistisch, dass sich das in Zukunft ändert.
Ein weiterer Schwerpunkt im Ausblick des 1. Vorsitzenden des Stadtteilvereins beschäftigte sich mit dem Eichendorffplatz am nördlichen Eingang des Stadtteils. Ein dort früher unter anderem als Blumenladen oder Kiosk genutztes Gebäude ist in einem sehr schlechten Zustand. Wie überhaupt der ganze Platz., den das städtische Landschaftsamt in einem Akt bewundernswerter Phantasie als „Oase der Glückseligen” sieht. Fehlt nur noch, dass die Dealer im Park „Luja, sog i!” singen!
Es gibt Überlegungen bei der Stadt, dort ein Automatenkiosk zu erlauben, was im Stadtteilverein auf wenig Gegenliebe stößt. Eine Arbeitsgruppe des Vereins will nun mit Unterstützung eines Architekten Überlegungen anstellen, wie man diesen Eingang zum Stadtteil angemessener gestalten könnte und auch den Kindern der am Rande des Platzes bald neu eröffnenden Rohrbacher Kinderstube eine Möglichkeit geben könnte, im Freien zu spielen.
Die Jahreshauptversammlung des Rohrbacher Stadtteilvereins endete nach etwa zwei Stunden mit wohlwollendem Applaus der Anwesenden für die Arbeit des Vorstands und Beirats.