Die Traitteursche Wasserleitung
Rohrbacher Quellwasser nach Mannheim
Teilstück der „Traitteurschen Wasserleitung” entdeckt
von Ludwig Schmidt-Herb
Als 1781 C.M. Wielands Schildbürger-Roman „Die Abderiten“ erschien, stand da gleich im ersten Kapitel die Geschichte von dem pompösen Brunnen auf dem Marktplatz mitten in der Stadt, dem aber das Wasser fehlte. Darüber lachte das ganze literarische Deutschland, denn jeder wusste: dieser Brunnen stand in Wirklichkeit auf dem Marktplatz in Mannheim.
Mannheims chronischer Wassermagel war quasi ein Geburtsfehler der 1607 gegründeten Stadt, denn es gab kein ausreichendes Grundwasser. Der kurfürstliche Hof behalf sich mit Quellwasser vom Heidelberger Schloss, das mit Pferdefuhrwerken täglich geholt wurde, aber sowohl die Garnison, als auch die schnell wachsende Bürgeschaft litten sehr unter dem Wassermangel.
Dashalb gab es immer wieder Versuche, das nötige Wasser von außen in die Stadt zu leiten, die aber aus technischen, finanziellen oder politischen Gründen alle scheiterten. Erst als um 1790 der kurpfälzische Unternehmer und Ingenier Johann Andreas von Traitteur den offiziellen Auftrag erhielt, eine Quellwasser-Leitung von den Rohrbacher Bergen nach Mannheim zu bauen, zeichnete sich eine praktikable Lösung ab.
Traitteur machte sich sofort ans Werk, fasste die Quellen im Rohrbacher Wald, vereinigte deren Wasser in eine zentrale Leitung, führte diese über die umgebauten Mühlen und durchs Dorf hinaus in die Ebene. Bis 1795 war das Projekt schon bis Seckenheim gediehen, als Kriegswirren und ein drohender Staatsbankrott nicht nur den Weiterbau unmöglich machen, sondern auch bewirkten, dass Soldaten das bisher Fertiggestellte weitgehend zerstörten. Und was die Soldaten übrig ließen, holten sich Bauern, die dieses Projekt von Beginn an nur zähneknirschend hingenommen hatten.
Traitteur, der das Ganze aus eigener Tasche vorfinanziert hatte, hat (bis auf ein paar Abfindungen) sein Geld nie erstattet bekommen, zumal sein offizieller Auftraggeber Kurfürst Karl Theodor 1799 starb und die Kurpfalz 1803 Baden einverleibt wurde (siehe Artikel unten). So kam es, dass schon bald fast keine Spur mehr von dem bisher Geschaffenen zu sehen war und das ganze Projekt in Vergessenheit geriet. Zwar hat Traitteur selbst sein Bauwerk 1798 in dem Buch „Die Wasserleitungen von Mannheim ...“ ausführlich beschrieben, aber dieses Buch war nur noch in ganz wenigen Bibliotheken zugänglich. Das Heimatmuseum Rohrbach besitzt ein Originalexemplar dieses Buches.
Bei Aushubarbeiten in der Rathausstraße in Rohrbach konnte am 11 4. 1980 ein Stück dieser Leitung mit mehreren Tonrohren freigelegt werden. Diese Rohre sind seitdem im Heimatmuseum Rohrbach und im Kurpfälzischen Museum ausgestellt. Damit war allerdings nur die Existenz der Wasserleitung im Ortskern belegt. Über den Verlauf in der Ebene gab es – außer Traitteurs Plan (s. Abb.) - bisher keinen weiteren Nachweis.
Deshalb war die Sensation groß, als vor einigen Monaten auf dem Grundstück des Bildhauers Günter Braun am Nordrand von Eppelheim ein ca. 4 m langes, gut erhaltenes Teilstück der Traitter'schen Wasserleitung ausgegraben wurde. Die Fundstelle liegt exakt an der Stelle, wo Traitteurs Plan deren Lauf verzeichnet. Aber auch die Details des Fundes selbst entsprechen in ihren Ausmaßen genau den Planzeichnungen Traitters (s. Abb.).
Bildhauer Günter Braun hat die Fundstelle zur öffentlichen Einsicht präpariert, gesichert und überdacht, vom direkt angrenzenden Spazierweg auf Heidelberger Gemarkung ist sie jederzeit gut einsehbar. Eine Schautafel mit den historischen und technischen Daten soll demnächst dort installiert werden.
Johann Andreas Traitteur –
Ein Investor kämpft vergebens um sein Geld.
von Ludwig Schmidt-Herb
Johann Andreas Traitteur wird 1753 als Sohn eines fürstbischöflich speyerischen Amtmannes geboren. Er studiert in Heidelberg Rechtswissenschaften und wird dort 1785 Professor, 1790/92 Rektor.
Als Ingenieur und Unternehmer erhält er am 17.7.1790 vom Kurfürsten den Auftrag, das Problem der Wasserversorgung Mannheims durch eine Quellwasserleitung aus den Rohrbacher Bergen zu lösen. In Mannheim findet er aber nicht nur Zustimmung
Traitteur beginnt sofort mit den Bauarbeiten. Im Wald oberhalb Rohrbachs entstehen mehrere Quellen- und Brunnenhäuser, die noch vor dem Winter fertig sein sollen. Bei den Mühlen werden neue Zuleitungen zu den Mühlrädern gebaut, die Mühlräder selbst werden ummauert. Ziel ist es, das ganze Projekt bis Sommer 1792 abzuschließen.
Am 1.3.1791 wird in einem Vertrag mit der Kurfürstlichen Regierungs- und Hofkammer zu Mannheim festgelegt, dass Traitteur die geplanten Kosten von 90.000 fl zunächst vorschießen, sie dann von der Staats-Cassa wieder zurückerhalten soll.
Als Traitteur im August 1791 erstmals um Erstattung seiner Auslagen bei der kurf. Hofkammer bittet, erhält er statt Geld nur „lächerliche Einwendungen“: der ausgebrochene Krieg und Meinungsverschiedenheiten zwischen Ministern und Präsidenten seien die Ursache.
Nach langem Hin und Her wird der bisherige Wasserleitungs-Vertag am 1.3.1792 durch ein kurfürstliches Reskript aufgehoben und am 2.7.1793 durch eine neue, abgespeckte Version ersetzt. Um sein bisher investiertes Geld nicht zu verlieren, setzt Traitteur den Bau fort und investiert weitere 70.000 fl.
Inzwischen erobern französische Revolutionstruppen am 20.9.1795 Mannheim, und österreichische Truppen versuchen, sie am Vormarsch gegen Heidelberg zu hindern. Traitteur versucht, bei der Hofkammer die vertragsmäßige Ausbezahlung seiner Auslagen zu erhalten, bekommt aber nur abschlägige Worte. Die fast bis nach Seckenheim führende Wasserleitung wird von Soldaten und Bauern zerstört und geplündert. Ende Oktober 1795 sind die Franzosen zurückgeschlagen. Von der Wasserleitung ist nichts mehr übrig.
1798 kommt es zu einem Vergleich mit der Hofkammer, wonach Traitteur anstatt Geld 30 Stück Staats-Obligationen zu je 1000 fl. bekommt, die zwar zu 5 ½ % verzinslich sind, aber nie ausbezahlt werden. Nach Einspruch Traitteurs direkt beim Kurfürsten bekommt er am 26.1.1799 von dessen Präsidialversammlung eine „Auszahlungsanweisung“, jetzt auf 128 Stück Anleihen, um sie bei der Hofkammer einzureichen. Dort wird er an die „General Cassa“ verwiesen, diese verweist ihn weiter an ein privates Comptoir, das seinerseits Traitteurs Papiere als Pfand bis zu deren Auszahlung einbehält.
Am 16.2.1799 stirbt Kurfürst Karl Theodor, sein Nachfolger Max Josef lässt am 12.7.1799 durch seine Kanzlei Traitteurs Forderungen suspendieren, weil er „nicht schuldig seye, die Contracten seines Vorfahrers zu halten“. Traitteur strengt „regressliche Klage“ dagegen an. Nun endlich zahlt die Hofkammer, aber nur 28 von 128 Stück der Obligationen. Den Rest behält der Staat - als „Papiere zur Geldaufnahme für andere Staats-Ausgaben“.
1802 hat Kurfürst Max Josef das Abtretungspatent der Kurpfalz an Baden unterschrieben. Jetzt steht Traitteur nicht mehr im Bayerischen, sondern im Badischen Staats-Schuldenbuch und muß sich von dort sein Geld holen. Am 10.12.1802 dringt er bei der Badischen Regierung auf erneute Verhandlung. Markrgaf Karl Friedrich läßt ihm „aus gnädigster Rücksicht“ von den geforderten 100.000 fl. ganze 30.000 auszahlen: mit dieser Abfindung sei die Angelegenheit ein- für allemal bereinigt. Den Rest seines Geldes hat Traitteur bis zu seinem Tod am 20.1.1825 wohl nicht mehr erhalten.
Wasserleitung an der Rohrbacher Förstersmühle