Zwischen erfolgreicher Arbeit und unglaublichem, völlig groteskem Schwachsinn
Die Jahreshauptversammlung des Stadtteilvereins 2007
(30.3.2007)
von Hans-Jürgen Fuchs
Fast mehr Ehrenmitglieder als reguläre Mitglieder registrierte Bernd Frauenfeld, der 1. Vorsitzende, zu Beginn seines traditionellen Rechenschaftsberichts zur Jahreshauptversammlung des Stadtteilvereins Rohrbach. Das war natürlich reichlich übertrieben, doch gegenüber den Zeiten, als der Saal des Ochsen noch schier aus allen Nähten zu platzen drohte, war der Kreis der Anwesenden überschaubarer.
Der Schein trügt: Frauenfeld behielt den Durchblick!
Dabei hat der Stadtteilverein keineswegs an Anziehungskraft verloren. Im Gegenteil, die Mitgliederzahl konnte im vergangenen Jahr auf 714 gesteigert werden, nahezu doppelt so viele wie noch vor 7 Jahren. Aber dem Stadtteilverein geht es wie vielen anderen: Wenn die Mitglieder mit der Leitung und den Aktivitäten zufrieden sind, bleiben sie „lästigen“ Pflichtveranstaltungen wie einer Jahreshauptversammlung fern. Dabei ist die jährliche Versammlung des Stadtteilverein alles andere als langweilig, auch wenn die manchmal recht deftigen Auseinandersetzungen, die zuweilen an das königlich bayrische Amtsgericht erinnerten, inzwischen der Vergangenheit angehören. Die Jahreshauptversammlung de Stadtteilverein ist nämlich immer auch ein eingehender Rückblick auf das was Rohrbach im vergangenen Jahr bewegte und eine Vorschau, die leider auch diesmal nicht nur erfreulich ausfiel.
Rückblick auf weißen und schwarzen Blättern ...
Doch Bernd Frauenfeld begann mit dem angenehmeren Teil der Rückschau, seiner Bilanz der Aktivitäten des Stadtteilverein in letzten Jahr. Er berichtete u.a. vom Sommertagszug, dem Osterbrunnenfest und natürlich von der Kerwe. Alles Veranstaltungen, die von Jung und Alt, von Ur-Rohrbachern und Zugezogenen gleichermaßen gut angenommen werden. Überhaupt die Zugezogenen: Die Integration der neuen Rohrbacherinnen und Rohrbacher, der Aliens von überall her, ist Bernd Frauenfeld ein besonderes Anliegen. Rohrbach soll offen sein für seine Neubürger in der ehemaligen Fuchsschen Waggonfabrik, im Eichendorffforum oder im alten Teil, für Hessen, Rheinländer und sogar für Schwaben, für Bayern allemal, da diese, wie Bernd Frauenfeld, ja zumeist Bayern Fans sind. Was diese auch brauchen, Fans, die Bayern, nach der Niederlage gegen Eintracht Frankfurt. Aber das ist eine andere Geschichte und die soll ein andermal erzählt werden.
Also zurück zur Rede Frauenfelds. Zu den erfolgreichen Veranstaltungen des Jahres gehörten natürlich auch die OB-Wahl-Veranstaltung und der Abend mit Arnim Töpel, die der punker und der Stadtteilverein gemeinsam veranstaltet hatten. Bernd Frauenfeld bedankte sich für die Zusammenarbeit, so wie er sich bei allen einen Mitstreitern im abgelaufenen Jahr bedankte, z.B. beim Spielmannsverein, der wie immer viele der Veranstaltungen mitgetragen hatte.
Hoffnungen setzt Bernd Frauenfeld in den neuen OB Würzner, der ein beeindruckendes Tempo vorgelegt habe. Positiv für den Stadtteilverein: Die Mietkosten z.B. für das alte Rathaus wurden deutlich gesenkt. Auch werden die Stadtteilvereine künftig einen festen Sitz in den Bezirksbeiräten haben, Rederecht und Zugang zu allen Informationen, die auch die Bezirksbeiräte erhalten. Doch Frauenfeld mahnte zugleich die Erfüllung weiterer Zusagen, z.B. in Hinblick auf den Umbau am Rohrbach Markt an und versprach, den neuen OB „in die Pflicht zu nehmen“.
Dann ging es an den weniger erfreulichen Teil des Rückblicks, an Geschichten, die eigentlich „auf ein schwarzes Blatt“ geschrieben“ gehörten. Bernd Frauenfeld begann mit der Erdgasleitung, jenem „Wahnsinn mit Methode“, der nun, regierungspräsidial abgesegnet, irgendwann in Bau gehen wird. Ein „übles Gefühl“ bliebe zurück angesichts eines Verfahrens, in dem von Seiten der gasproms „öffentlich gelogen“ wurde. „Was für eine Seriosität haben denn diese Leute?“, fragte Bernd Frauenfeld zu Recht. Wir haben unser Ziel, die Gasleitung zu verhindern, nicht erreicht. Aber wenigstens kommt es nicht ganz so schlimm, wie ursprünglich geplant. Und: „Wir jedenfalls können noch in den Spiegel sehen!“, sagte Frauenfeld und nahm zugleich die Haupterwerbswinzer in Schutz, die letztendlich einen Vergleich mit den gasproms hatten schließen müssen – eine wirtschaftliche Notwendigkeit, an der nichts unanständig sei.
Nächster Punkt auf dem schwarzen Blatt: Rohrbach Markt. Zwar kommt der Umbau hinter den Kulissen langsam in Fahrt, aber es wird auch höchste Zeit: Schon wieder schließen Geschäfte. „Nicht der Umbau zerstört das Gewerbe, er ist vielmehr eine Chance zu bewahren und Neues zu schaffen“. Ein Problem sah Bernd Frauenfeld in der avisierten Bauzeit von über einem Jahr. Ein professionelles Baustellenmanagement von Anfang an und eine gute Beratung vor Ort seinen unabdingbar, so Bernd Frauenfeld. Er forderte: „Jetzt keine Kompromisse mehr und keine weiteren Verzögerungen!“
Die Post war Stichwort Nr.3. Völlig einfühlslos werde da entschieden. Irgendwo sitze jemand, der beschließe: „Jetzt machen wir 1.000 Arbeitsplätze platt“ und dann werde halt nach formalen Kriterien gehandelt. Argumente zählten da letztendlich nichts. So sei es ja durchaus vorstellbar, sinnvoll und möglicherweise auch wirtschaftlich, die nun entstandene Postagentur in Rohrbach-Ost durch eine vergleichbare im Hasenleiser, etwa am Einkaufszentrum zu ergänzen. Das passe aber (bisher) nicht in das starre Technokratenschema der Postverantwortlichen.
Obi in Rohrbach-Süd war ein weiterer Schwerpunkt der Rede Frauenfelds. Schon jetzt sei der Verkehr im Gebiet kaum erträglich. Heidelberg müsse unbedingt eine Lösung finden, um gemeinsam mit Leimen eine weitere Zu- und Abfahrt in Richtung Süden und Westen zu ermöglichen. Ein Rampe an den Hangäckerhöfen sei keine Lösung, sondern nur ein weiterer Sargnagel für das Rohrbacher Feld. Die Antwort des Stadtteilvereins könne hier nur ein „absolutes Nein“ sein. Bernd Frauenfeld bedauerte in diesem Zusammenhang, das außer Karl Emer von der SPD und Klaus Weirich von der CDU („der muss ja sowieso da sein“) im wichtigen Teil der Sitzung alle anderen Gemeinderatsfraktionen und ein Großteil des Bezirksbeirates durch Abwesenheit glänzten.
Die Bauvorhaben der Evangelischen Kirche in Rohrbach-Ost und –West waren Frauenfelds nächstes Thema. Seine Sorge ist, dass es hier an einem Gesamtkonzept mangelt. Bernd Frauenfeld beklagte den Abbruch der anfangs geführten Informationsgespräche seitens der Kirchen- und Bauleitung und forderte mehr Offenheit und Transparenz. Von den Maßnahmen sei der Stadtteil als Ganzes betroffen. Frauenfeld nannte die immer noch im Raum stehende Planung, das Gemeindezentrum in der zentral gelegenen Heinrich-Fuchs-Straße zu verkaufen und alternativ ein neues Zentrum im Hasenleiser zu bauen „völlig unsinnig“.
Transparenz und Einbeziehung mahnte Bernd Frauenfeld auch in Bezug auf den Umbau und die künftige Nutzung der Eichendorff-/Mendelschule an. Hier sollten unbedingt Möglichkeiten für Aktivitäten der örtlichen Vereine geschaffen werden.
Mit einem „unglaublichen, völlig grotesken Schwachsinn“, mit den Überlegungen des Metropolregionverbands zu einem Boxbergtunnel, auf die der punker auf seiner Website aufmerksam gemacht hatte, endete Frauenfelds Bilanz. Im Stadtblatt hieß es dazu: „Der Verband gibt sich dabei sehr selbstbewusst. Nötigenfalls will man Planungen, die der VVRN als zwingend für die Metropolregion erachtet, auch gegen lokale Widerstände durchsetzen.” RNZ-Kommentator Peter Wiest stieß ins gleiche Horn und hofft auf tatkräftige Unterstützung seitens des neuen Heidelberger OB Würzner. Anders Bernd Frauenfeld, der Würzner aufrief: „Schützen Sie uns vor derart kranken Visionen und deren Verfechtern!“.
Gustav Knauber: Rechenschaftsbericht zum Museum und Verzähltisch
Ohne Aussprache wurde anschließend der Vorstand des Stadtteilverein einstimmig entlastet. Auch die Wahlen zum 1. und 3. Vorsitzenden (Frauenfeld und Ullrich Pfefferkorn) und die des Schatzmeisters (Michael Geil) und der Kassenprüfer (Dickler und Schmieder) erfolgten einstimmig. Eine Satzungsänderung vergrößerte den Beirat des Stadtteilverein auf acht Mitglieder, von denen zwei neu im Amt sind: Unsere Mitpunker Uwe Bellm und Wolfgang Späth. Zum Abschluss versprach Frauenfeld so weiter zu machen wie bisher: „Nicht schwätze, schaffe!“.
Keine Gegenstimmen bei den Wahlen ...
Kommentar:
Der Stadtteilverein ist auf Kurs, die Öffnung zu den Neu-Rohrbachern eine gute Sache. Schade nur, dass von diesen so wenige an der Jahreshauptversammlung teilnahmen. Hatte man vor Jahren noch eine größere Offenheit des Vereins angemahnt, so goutiert man diese nun – und hält sich raus. Der Stadtteilverein ist bereit, neue Impulse aufzunehmen und ihnen Raum zu geben, aber die früheren Kritiker halten sich bedeckt. Schade. Die Wahl von Uwe Bellm und Wolfgang Späth sind ein ermutigendes Zeichen. Wir sollten die Öffnung nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern tatkräftig unterstützen. Das heißt aber auch: Mitmachen, nicht nur lamentieren! Bei der Jahreshauptversammlung und anderswo.
Nach der Wahl ist vor der Arbeit: Michael Geil, Uwe Bellm, Wolfgang Späth und Klaus Weirich