Die Rohrbacher Kerwe 2024 | Der Bericht
von Hans-Jürgen Fuchs (14.09.2024)
Nicht nur die vielen Menschen, die am Sonntagabend den Abschluss der Kerwe begleiteten, auch dem Himmel war anzumerken, dass ihm der Abschied schwer fiel. Begonnen aber hatte die Kerwe 2024 bei angenehmen Temperaturen und strahlendem Sonnenschein. Eine große Menge an Rohrbacherinnen und Rohrbachern und viele Gäste wohnten der traditionellen Kerweeröffnung am alten Rathaus bei. Christian Multerer bedankte sich für den Vorstand des Stadtteilvereins bei der großen Menge an Aktiven, die die Veranstaltung erst möglich machen. Vollkommen ehrenamtlich stemmen sie eine Veranstaltung, bei der hunderte Besucherinnen und Besucher verköstigt werden müssen, viele Bands auftreten, ein umfangreiches Kinderprogramm angeboten wird und traditionelle Events wie der Kälblestanz stattfinden. Nur wer selbst einmal an der Organisation beteiligt war, kann sich vorstellen, wie viel Arbeit und Verantwortung das bedeutet. Die Rohrbacher Vereine managen all das Hand in Hand.
Multerer bedankte sich deshalb auch bei den unterstützenden Vereinen, bei der Sängereinheit, dem Sängerbund und dem Liederkranz, beim Turnerbund, der TSG, der FG Rohrbach und der Schützengesellschaft, bei der Feuerwehr, dem Roten Kreuz, den Bachewwern und bei der Metzgerei Sommer. Er vergaß auch nicht die Unterstützung durch die Polizei und die wohlwollende Berichterstattung der Rhein-Neckar-Zeitung zu erwähnen.
Nicht zuletzt begrüßte Multerer die große Menge an Gästen aus nah und fern, darunter nicht weniger als 16 Gemeinderätinnen und Gemeinderäte. Was nicht nur deshalb erwähnenswert ist, weil selten so viele Räte teilnehmen, sondern auch, weil keine Wahlen anstehen. Besonders erfreulich, dass viele neu gewählte Gemeinderätinnen und Gemeinderäte dabei waren, und sich so einen Eindruck von der traditionellen Kultur in Rohrbach machen konnten.
Des Redners Höflichkeit schwieg über diejenigen, die zwar nicht schmerzlich, aber doch vermisst wurden. Kein Bürgermeister hatte es für wichtig erachtet teilzunehmen und auch keine Bürgermeisterin. Dafür muss man aber Verständnis aufbringen, denn die Dame und der Herr, die mir hier als prädestiniert durch den Kopf gehen, sind wohl vollauf damit beschäftigt, täglich bei einem mehr oder weniger wichtigen Event oder einer mehr oder weniger wichtigen Baustelle aufzutreten und sich für die lokale Presse ablichten zu lassen. Da ist am Freitagnachmittag einfach die Luft raus und man hat keine Kapazitäten mehr, der wichtigsten Veranstaltung in einem der größten Heidelberger Stadtteile die Ehre zu geben.
Aber wie gesagt, die Traurigkeit angesichts der Abstinenz der kommunalen Prominenz hielt sich in Grenzen. Schließlich haben wir selbst genug Prominenz vor Ort. An erster Stelle natürlich Larissa II, unsere Weinkönigin, die mit einem Weingedicht die Eröffnung bereicherte. Und natürlich mit Konstantin Waldherr, der im normalen Leben Vorsitzender des Stadtteilverein ist und an der Kerwe für einige Zeit die Kapp aufsetzt und mit seiner Kerweredd die Geschehnisse des vergangenen Jahres Revue passieren lässt: manch ein Geschehnis wird ironisch kommentiert, manch einer muss sich mehr oder weniger deutliche Kritik gefallen lassen. So ist das bei der traditionellen Kerwe – nicht nur in Rohrbach. Aber glaubt mir, das Schlimmste ist, in der Rede gar nicht erwähnt zu werden: Any news are good news.
Besonders schön, der teil über den „Schdadtpark” am Eichendorffplatz, ein Idyll um das uns die Welt und New York beneiden!
Den Häähepunkt hab´isch vergesse:
der Kiosk herrlisch, top erhalde.
Der Schimmel dutt die Wänd´ zerfresse,
s´Grafitti dutt se z´ammehalde.
Leider kann man den gesamten Inhalt der Rede an dieser Stelle nicht wiedergeben. Aber wir sind ja im Internet und hier kann man sie nachlesen …
Die Rede ist allerdings auf Kurpfälzisch geschrieben und möglicherweise nicht für jeden Zugereisten verständlich. Bei Verständnisproblemen wendet euch deshalb vertrauensvoll an Konstantin Waldherr oder jemand anderen aus dem Vorstand des Stadtteilvereins (okay, Christian Multerer ist vielleicht nicht der erste Ansprechpartner …).
Nach der Kerweredd zog die große Schar der Besucherinnen und Besucher, an der Spitze die Jugendfeuerwehr und das Jugendblasorchester Emmertsgrund an die Eichendorffhalle, wo die Vereine ihre Stände aufgebaut hatten. Die Rohrbacher Schützengesellschaft leistete ihren Salut, was einen kleinen Jungen zur Bitte veranlasste: „Könnt ihr bitte ganz fest auf die Schule schießen?“.
Und mit dem feucht-fröhlichen Anstechen des Bierfasses durch das Siegerpaar des letztjährigen Kälblestanzes war die Rohrbacher Kerwe 2024 eröffnet.
Der restliche Freitag verlief harmonisch und bewegt. KIST heizte ein und man kam sich Angesicht der akustischen Power zwar nicht verbal, aber beim Tanz näher.
Auch der Samstag konnte mit einem Traumwetter aufwarten. Es war warm und bei allen Aktionen, beim Kinderflohmarkt und beim Kinderprogramm und nicht zuletzt beim Auftritt der Kerchemer Band OFF LIMITS, war die Stimmung bestens und ausgelassen.
Einen kleinen Strich machte uns das Wetter am Sonntag durch die Rechnung. Es war kühl und es gab viel Regen. Nichtsdestotrotz konnten alle geplanten Events durchgeführt werden und die Besucher ließen sich die Stimmung nicht verdrießen. Am Abend spielte die MATZE-STRAUB-BAND bis der Zug der Trauernden am Rathaus starte, der die Kerweschlumpel zum Kerweplatz begleitete. Vertreterinnen und Vertreter der an der Kerwe beteiligten Vereine und eine große Zahl weiterer Menschen nahmen am Zug teil. Matze Straub begleitete die Schlumpverbrennung auf der Gitarre mit Liedern wie „I´m leaving on a Jet Plane”. Die Stimmung schwankte zwischen zu Tode betrübt und bestens gelaunt.
Allen war klar: die Rohrbacher Kerwe hat nun endgültig eine neue, erfolgreiche Form gefunden. Auch wenn parallel zur Kerwe das Fischerfest stattfindet, die Schlossbeleuchtung und die Fußballnationalmannschaft fünf Tore schießt, tut das unserer Kultur keinen Abbruch. So wie es ist, ist es gut und wir freuen uns schon auf die Kerwe 2025.
Die Rohrbacher Kerwe 2024 | Ein Kommentar
auch von Hans-Jürgen Fuchs
Disclaimer: Bei dem Folgenden handelt es sich um einen Kommentar. Und ein Kommentar gibt per Definition ausschließlich die Meinung des Kommentators wieder. Es handelt sich also weder um die Meinung des Stadtteilvereinvorstands, noch ist der Inhalt mit diesem abgesprochen. Zudem sollte jedem klar sein, dass es sich um ausschließlich tiefsinnige, aber reichlich sinnbefreite Überlegungen handelt …
Es wird Zeit, dass ich mich mal wieder mit der weiblichen Seite der Kerwe beschäftige. Vor vielen Jahren, 2004, war das schon einmal Thema meines Kerwekommentars.
Und jetzt wieder … Und nein, nicht weil mit Konstantin Waldherr und Christian Multerer zwei Männer an der Spitze des Vereins stehen. Sondern ganz wertfrei und gender-unkritisch. Schließlich finden sich nicht nur im Beirat des Stadtteilvereins jede Menge Frauen, auch der Kälblestanz, die Gestaltung der Schlumpel und deren Verbrennung waren dieses Jahr mehrheitlich von Frauen verantwortet.
Anlass für meiner Gedanken vor 20 Jahren war ein Bericht in der Rhein-Neckar Zeitung mit dem Titel: „die weibliche Seite der Kerwe“. Geschmückt war das Ganze mit einem Foto der Schützengesellschaft beim Salut für die Kerwe …
Dieses Jahr geht es mir um etwas anderes: konkret gesagt um die Wein-Wasser-Weiber, im Folgenden kurz www genannt. Denn ich frage mich in der Tat, ob diese Bezeichnung mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vereinbar ist. Schlagt doch mal die Stellenanzeigen der Rhein-Neckar-Zeitung auf: alle politisch und rechtlich korrekten Anzeigen enthalten die Abkürzung m/w/d. Und bei unserer Kerwe? Da ist es so, dass die www, also Frauen, bei der Kerweeröffnung den Wein ausschenken, während mit Ausnahme der Weinkönigin die Männer die Reden schwingen.
Das ist ungerecht. Wieso dürfen nicht-weibliche Menschen keinen Wein ausschenken? Denn ganz sicher schmeckt vielen der Wein besser und stößt ihnen weniger auf, als die Verse des Kerweborscht in seiner Redd!
Andererseits muss man sagen, dass die Auslassungen des Kerweborscht allzu berechtigt sind. Und dass es auf jeden Fall eine Ehre ist, in der Redd beachtet zu werden, unabhängig davon, ob der Tenor positiv oder eher kritisch ist.
Aber zurück zum Thema, es geht mir hier gar nicht um die männliche Seite der Kerwe, sondern um www. Und da sollte man meines Erachtens überlegen, ob diese Abkürzung noch zeitgemäß ist. Eine Anpassung wenigstens des Kürzels an aktuelle Vorgaben dürfte ja niemanden schmerzen. Oder nur diejenigen, denen noch nicht aufgefallen ist, dass auch dieser Text nichts anderes ist als tiefsinnige, nahezu sinnbefreite Ironie.
Wo war ich stehen geblieben? Ja: wie könnte man bei der nächsten Kerwe politisch korrekt mit www umgehen?
Natürlich könnte man sagen, auch in Anbetracht der vorherrschenden politischen Stimmung, eine Änderung in mmm wäre richtig. Aber als Abkürzung für was? Kurz vor der nächsten Bundestagswahl wäre „Markus-Merz-an-die_Macht” wohl zu parteipolitisch einseitig. Und was wollte man dann auch ausschenken lassen? Müller Milch, die müde Männer munter macht? Wohl kaum!
Was also wäre eine machbare Lösung? Ganz einfach das Kürzel www muss geändert werden in ww/m/w/d!
Und vielleicht gäbe es dann ja dann auch nicht weibliche Menschen, die bereit wären, den Gästen der Kerweeröffnung reinen Wein einzuschenken. Also tatsächlich, nicht im übertragenen Sinn.
Für den im übertragenen Sinn bliebe natürlich weiterhin der Kerweborscht zuständig.
So, nun wisst ihr Bescheid. Macht was draus!
Wir sehen uns spätestens am 5. September 2025
Impressionen von der Kerwe 2024
Fotos: Hans-Jürgen Fuchs, Werner Popanda und Konstantin Waldherr (ein Klick auf ein Bild öffnet eine vergrößerte Ansicht)