Mahnmal für ermordete Zwangsarbeiter übergeben
von Hans-Jürgen Fuchs (9.5.2015)
Am Freitag, 8. Mai 2015, 70 Jahre nach der Befreiung vom Nationalsozialismus wurde in Rohrbach im Quartier am Turm ein Mahnmal der Öffentlichkeit übergeben, das an fünf Zwangsarbeiter erinnert, die ein Jahr vor Kriegsende hier ermordet worden waren. Jahrzehntelang hatten die IG-Metall und der Anwalt Wolfgang Stather daran gearbeitet, dass damit ein Stück lokaler Geschichte bekannt gemacht wird. Das Mahnmal, dass der Bildhauer und Maler Michael Lingrên gestaltet hat weist auf das Schicksal von Aleksej Belov aus Kuznecov, Pavel Chrebor aus Trostjanc, Anatolij Bachacev aus Kiev, Nikolaj Evdokimov aus Novoderevnja, Vasilij Skorkin aus Ponory hin, fünf jungen Menschen zwischen 19 und 21 Jahren, die als Zwangsarbeiter in der Fuchsschen Waggonfabrik und bei der Graubremse arbeiten mussten. Sie waren erhängt worden, weil sie aus Hunger Lebensmittel aus einem Güterzug gestohlen hatten.
Peter Blum, Leiter des Heidelberger Stadtarchivs beschrieb die Hinrichtung (Zitat aus der Rhein-Neckar-Zeitung: „Es war ein Montag, der 28. August 1944, 11 Uhr. Auf dem Betriebsgelände der Fuchs Waggonfabrik AG in Heidelberg, heute Quartier am Turm, sind seit den frühen Morgenstunden etwa 50 bis 80 Zwangsarbeiter, so genannte Ostarbeiter, eingetroffen. Sie müssen einer Hinrichtung beiwohnen, wovon ,disziplinierende und abschreckende’ Wirkung ausgehen soll. Anwesend sind Abordnungen der Deutschen Arbeitsfront (DAF), von Gestapo, Polizei und NSDAP sowie einige Mitarbeiter der Firma Fuchs.“ Als Todesursache wird in den amtlichen Sterberegistern ,Erstickungstod’ angegeben.
In Heidelberg waren zwischen 1933 und 1945 etwa 12.000 (nach dem Kriterium Arbeitsort) bzw. 15.000 (nach dem Kriterium Wohnort) Fremdarbeiter im Einsatz - unter erniedrigenden Bedingungen ...
Zitiert wurde bei der Eröffnung die Rede, die Richard von Weizsäcker am 8. Mai 1985 gehalten hatte.
„Bei uns ist eine neue Generation in die politische Verantwortung hereingewachsen. Die Jungen sind nicht verantwortlich für das, was damals geschah. Aber sie sind verantwortlich für das, was in der Geschichte daraus wird.
Wir Älteren schulden der Jugend nicht die Erfüllung von Träumen, sondern Aufrichtigkeit. Wir müssen den Jüngeren helfen zu verstehen, warum es lebenswichtig ist, die Erinnerung wachzuhalten. Wir wollen ihnen helfen, sich auf die geschichtliche Wahrheit nüchtern und ohne Einseitigkeit einzulassen, ohne Flucht in utopische Heilslehren, aber auch ohne moralische Überheblichkeit.
Wir lernen aus unserer eigenen Geschichte, wozu der Mensch fähig ist. Deshalb dürfen wir uns nicht einbilden, wir seien nun als Menschen anders und besser geworden.
Es gibt keine endgültig errungene moralische Vollkommenheit - für niemanden und kein Land! Wir haben als Menschen gelernt, wir bleiben als Menschen gefährdet. Aber wir haben die Kraft, Gefährdungen immer von neuem zu überwinden.
Hitler hat stets damit gearbeitet, Vorurteile, Feindschaften und Haß zu schüren.
Die Bitte an die jungen Menschen lautet:
Lassen Sie sich nicht hineintreiben in Feindschaft und Haß
gegen andere Menschen,
gegen Russen oder Amerikaner,
gegen Juden oder Türken,
gegen Alternative oder Konservative,
gegen Schwarz oder Weiß.
Lernen Sie, miteinander zu leben, nicht gegeneinander.
Lassen Sie auch uns als demokratisch gewählte Politiker dies immer wieder beherzigen und ein Beispiel geben.
Ehren wir die Freiheit.
Arbeiten wir für den Frieden.
Halten wir uns an das Recht.
Dienen wir unseren inneren Maßstäben der Gerechtigkeit.
Schauen wir am heutigen 8. Mai, so gut wir es können, der Wahrheit ins Auge.“
Das Mahnmal im Quartier am Turm ist ein Weg, dieser Wahrheit ins Auge zu schauen.