Wer bebaut das Hospital?

Gebäude auf dem Hospitalgelände vor Hochhaus in der KolbenzeilDieser Tage erreichte uns ein Leserbrief von Jörg Kraus mit einer wichtigen Frage: Wer soll eigentlich das Hospitalgelände bebauen? Und wo bleibt da die Bürgerbeteiligung? Ja, das sind doch die entscheidenden Fragen. Richtig, es gibt große Veranstaltungen zur Bürgerbeteiligung, vorbereitende Runde Tische und vieles mehr …

Aber es gibt wohl auch eine Entwicklung, die parallel zu dieser offiziellen Schiene läuft. Beim bislang letzten, dem 3. Bürgerforum zum Hospital, das im September 2016 stattfand, stellte sich unvermittelt und scheinbar unverbindlich eine „ARGE Hospital” genannte Investorengruppe vor und bekundete ihr Interesse, das Quartier zu entwickeln. Mit dabei sind die üblichen Heidelberger Verdächtigen,: Epple, Kalkmann, Kraus, die GGH und die Deutschen Wohnwerte. Das, was präsentiert wurde, hörte sich natürlich gut an: Für die „Mitte der Gesellschaft” soll das Quartier entwickelt werden, dabei soll der „Mensch im Mittelpunkt” stehen, das Ganze soll „ein aufgeschlossenes Quartier mit Strahlkraft auf den Stadtteil” werden und es soll auch noch „gesund für Mensch und Umwelt” sein. Wer würde da widersprechen wollen?

Nicht gestellt, jedenfalls nicht von Seiten der Stadt, wurde die Frage, ob es tatsächlich sinnvoll ist, auch das Hospitalgelände wieder allein von einer großen Investorengruppe entwickeln zu lassen. In den letzten Jahren war das die gängige, wenn nicht gar die einzige Art der Entwicklung der großen neuen Baugebiete. Diese Vorgehensweise hat für die Stadt natürlich den Vorteil, dass sie nach Abschluss der Beteiligungsverfahren ein ganzes Gelände an eine Gruppe von Unternehmen übergeben kann und damit die Verantwortung los ist.

Es muss aber trotzdem die Frage erlaubt sein, ob das wirklich immer die beste Vorgehensweise ist. Gucken wir uns also einmal Gebiete an, die in der Vergangenheit mehr oder minder auf einmal entwickelt worden sind. Mir fallen da spontan zwei sehr gegensätzliche Stadtteile ein: die Weststadt, und der Emmertsgrund. Nun bin ich kein Architekt, aber ich denke, dass diese Beispiele zeigen, das es manchmal besser ist, Gebiete von einer großen Zahl von Investoren bebauen zu lassen. Die Weststadt ist für mich ein positives Beispiel. Sie besteht ja nicht nur aus Villen, sondern aus einer Mischung von zumeist sehr urbanen Gebäuden. Und obwohl die Häuser in der Weststadt in der Regel hoch sind, 4-5 Stockwerke, würde niemand von einer Hochhaussiedlung sprechen. Das hat meines Erachtens vor allem damit zu tun, dass nahezu jedes Haus einen individuellen Charakter hat. Und die Grundlage dafür ist, dass es wahrscheinlich hunderte unterschiedlichere Investoren waren, die dort gebaut haben.

Ganz anders in nahezu allen Projekten seit Mitte des letzten Jahrhunderts. Immer waren hier große Wohnbaugesellschaften am Zug. Ob das Ergebnis auf lange Sicht positiv ist, lässt sich leider häufig erst nach Jahren, wenn nicht nach Jahrzehnten feststellen. Allerdings spricht vieles dafür, dass die Chancen für ein auf Dauer liebenswertes und hochwertiges Gebiet größer sind, wenn nicht wenige Investoren bauen, sondern viele kleinere und mittlere. Wenn zum Beispiel auch normale Handwerker zum Zug kommen, Familien, Wohngruppen und kleinere Investoren.

Was folgt daraus? Für der Entwicklung des Hospital ist es von zentraler Bedeutung, dass sich die Bürgerbeteiligung auch damit beschäftigt, wer letztendlich die schönen Überlegungen und Planungen umsetzt. Meines Erachtens darf dies nicht ausschließlich durch eine Gruppe weniger Investoren erfolgen. Es muss ein bedeutender Teil des Geländes auch für die Bebauung des kleinere Firmen oder Privatleute zur Verfügung stehen. Nur dann wird ein vielfältiges, buntes und auf dauer wertiges Gebiet entstehen.

Leserbrief: „Architektur und Ökonomie”

Als Architekt Hähnig im Dezember 2014 seinen prämierten Entwurf zum Hospital-Gelände erläuterte, war ihm eine Idee wichtig: Das was eine Stadt ausmacht ist Vielfalt. Und der Weg zur Vielfalt führt nur über die Ökonomie: werden die Grundstücke en bloc an Entwickler verkauft, erhält man sie in Blockbebauung zurück. Wählt man einen gemischten und kleinteiligeren Verkauf, lässt dazuhin noch unterschiedliche Größen und Zuschnitte zu, dann wird daraus eine Vielfalt an Gestaltungen. Scheint überzeugend einfach, ist aber in der Diskussion in dieser Stadt nie weitergetragen worden. Ich habe bei der Stadtverwaltung nachgefragt, als vor kurzem berichtet wurde, dass sich bei einer Bürgerversammlung die „üblichen Verdächtigen“ als interessierte Bauherren vorgestellt haben. Ob von der Idee der Vielfalt dieses Siegerentwurfes etwas übrig geblieben ist wollte ich wissen. Ein verklausuliertes aber doch klares Nein war die Antwort. Wenn ich richtig verstehe, dann wurden die potentiellen „Entwickler“ eingeladen sich bei einer Bürgeranhörung vorzustellen, um dann darauf verweisen zu können, dass die Bürger ja eingebunden waren. Und dann werden die Schnitten in bewährter Weise verteilt. Ich meine es gibt inzwischen genügend Stimmen, die darauf hinweisen, dass die Bahnstadt nicht das Vorbild für die weitere Stadtentwicklung sein kann. Und das ist in erster Linie eine Frage der Ökonomie. Schon die Reduktion der Vergabe an die „üblichen Verdächtigen“ um 50 % und die Durchmischung mit einem kleinteiligeren Vergabemodus, wie von Architekt Hähnig vorgeschlagen, würde die Stadtentwicklung dem Siegerentwurf und der Vielfalt entscheidend näher bringen. Sollte das Argument auftauchen, dass dies zu aufwändig wäre, so möchte ich vorsorglich auch darauf antworten: Dann sollte man die Entwicklung von Bergheim ruhen lassen und sich erst auf die Konversionsflächen konzentrieren. Und vielleicht den Architekten Hähnig nochmals beratend hinzuziehen, denn an anderen Orten geht das wohl.

Dr. Jörg Kraus

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