Las Vegas im Eichendorfforum?

Anwohner wehren sich gegen Werbepylon

„Seit gestern haben wir nun Las Vegas im Eichendorfforum”, das schrieb uns ein Anlieger, dem REWE, ALDI und DM eine riesige Werbeanlage vor die Nase gesetzt haben. „Die Bewohner des Eichendorfforums wachen mitten in der Nacht auf weil ihnen die Werbeanlage ins Schlafzimmer scheint … Die Werbeanlage ist derart grell, dass wir mit bloßem Auge aus genau 1 km Entfernung die Werbung sehen können (man fühlt sich an die ehemalige Blink"warnung" auf dem neuen Feuerwehrhaus erinnert).”

Auf unserer Facebookseite sammeln sich die Stellungnahmen verärgerter Anwohner. Und nun meldet sich auch Uwe Bellm zu Wort, Architekt des Eichendorffforums und Mitglied im Beirat des Stadtteilvereins. Hier sein Statement und davor die Pressemeldung der Anwohner.

Himmel über dem Eichendorff-Forum
Riesiger Werbepylon belästigt die Anwohner

Inzwischen ist das Nahversorgungszentrum in Heidelberg-Rohrbach vollständig eröffnet und die Rhein-Neckar-Zeitung hat nicht nur über die Eröffnungsfeierlichkeiten berichtet, sondern auch darüber, dass der riesige Werbepylon bis in die Schlafzimmer der Anwohner des  Eichendorff-Forums leuchtet. Die Bewohner sind froh, dass ihr Anliegen wahrgenommen und diskutiert wird. Doch viele Fragen sind bisher offen geblieben und deshalb steigert sich die Sorge, dass die übergroße Werbung zwar weniger beleuchtet wird, aber ansonsten als störender Blickfang am Himmel bestehen bleibt und so allen die Sommerzeit im Garten und auf der Terrasse verleiden wird.

Es hat sich etwas getan am Eichendorff-Forum (EDF) in Rohrbach: Die Betreiber der überdimensionierte Werbebeleuchtung des neuen Nahversorgungszentrums hatten ein Einsehen, dass die zulässige Leuchtstärke der Anlage überschritten wurde. Nun wird gedimmt und ab 21.00 Uhr abgeschaltet. Der Werbepylon erhellt in den Nachtstunden also nicht mehr die Schlafzimmer der Anwohner. Darüber sind alle erleichtert. Doch schlafen kann deshalb keiner wirklich gut. Zu groß sind Angst und Sorge, dass die verantwortlichen Stellen nun davon ausgehen, dass man den Anwohnern jetzt genug entgegen gekommen sei.

Das Helligkeitsproblem ist gelöst und ansonsten ist der Turm ja genehmigt. Das hören die Anwohner auf allerlei Anfragen an verschiedene Ämter und am 29. November konnten sie es auch  in der Rhein-Neckar-Zeitung lesen. Dort bestätigte Baubürgermeister Bernd Stadel die baurechtliche Genehmigung des Werbeturms und verwies extra auch nochmals darauf, dass auch die Höhe – und damit die Logos am Himmel - so genehmigt wurden. Diese lapidare Aussage verärgert so manchen Rohrbacher, denn natürlich will niemand  glauben, dass dieses Werbemonster, welches die freie Sicht auf den Himmel versperrt,  auch dann geplant, genehmigt und gebaut worden wäre, würde der erste Bürgermeister eine der Dachterrasse am EDF sein eigen nennen.

Besorgt und verärgert sind die Anwohner auch deshalb, weil so viele ihrer Fragen bisher keine Beantwortung gefunden haben. So zum Beispiel die Frage nach dem Einfluss des Werbepylons  auf die aufgelassenen US-Flächen, an deren Entwicklung die Stadt Heidelberg zurzeit arbeitet. Der Werbepylon steht genau an der südlichen Grenze des alten Hauptquartiers und hat damit auch massive Auswirkungen auf alle bestehenden, denkmalgeschützten Wohngebäude entlang der Sickingenstraße sowie aller neuen Gebäude auf dem ehemaligen Hauptquartiergelände. Wie steht das Stadtplanungsamt dazu?

Oder die Frage nach Sinn und Zweck des Werbemastens: Warum wird mit einer Werbeanlage, die von ihrer Größe her an jeder Autobahn bestens ihre Aufgabe erfüllen würde, für Einkaufsmöglichkeiten eines Versorgungszentrums geworben, welches als Nahversorgungszentrum, nicht als überregionales Zentrum geplant und genehmigt wurde?

Auch andere Stadteile und sogar andere Städte, ein Anwohner erhielt eine Frage aus Schwetzingen, blicken bereits mit Besorgnis nach Rohrbach. Die Befürchtung ist, dass es sich bei dem Werbepylon um ein Pilotprojekt handelt. Werden solche überdimensionierten Werbemasten bald auch neben dem Versorgungszentrum in Handschuhsheim prangen oder neben REWE City in Neuenheim oder am Quarré in der Innenstadt? Der große Rewe-Füllhorn-Markt in Schwetzingen kommt zurzeit noch  mit einer circa 6 m hohen Werbeanlage aus, wird sich dies bald ändern?

Einig sind die Anwohner mit Investor und Betreiber, dass die ursprünglich geplanten Dach- Werbeanlagen die eindeutig bessere und vor allem nicht störende Alternative gewesen wäre. Warum wollte die Stadt Heidelberg stattdessen einen fast 20 m hohen Turm? Die Bewohner des Eichendorff-Forums, die nach wie vor mit Briefen an die Stadträte, an verschiedene Ämter und an den Oberbürgermeister auf ihr Anliegen aufmerksam machen, hoffen immer noch sehr, dass Rewe, dm und Aldi das Wohlergehen ihrer Kunden am Herzen liegt und deshalb der Werbepylon entweder abgebaut oder erheblich gekürzt wird. Damit alle wieder ungestört in einen freien Himmel blicken, zufrieden einkaufen und eine gute Nachbarschaft zwischen Wohnen und Gewerbe pflegen können.

Alexander Holzwarth

 

Aus der Bahn gelaufen …

Uwe Bellm, freier Architekt BDA Heidelberg, 24.11.13

Als wir vor 14 Jahren das Eichendorff Forum entworfen haben und aus dem ehemaligen Distributionszentrums der Firma Nanz ein kleiner neuer Teil Rohrbachs für Wohnen und Arbeiten in direkter Nachbarschaft entstanden ist, konnten sich zunächst viele nicht vorstellen, wie aus so einer von Blech- und Gasbetonhallen geprägten Umgebung ein geschätzter Lebensraum werden kann. Andere Projekte folgten. Das Quartier am Turm ist inzwischen nahezu komplett bebaut. Der gefühlte Rand von Rohrbach ist ein Stück Richtung Westen verschoben worden.

Die Gewerbebauten dahinter, Richtung Westen haben wir nie als störend empfunden, zumal sie einen guten Schutz gegen die Emissionen der Bahntrasse bilden. Außerdem Übergangsbereiche zwischen unterschiedlichen Nutzungszonen in einer Stadt muss es geben. Das sind zudem spannende Zonen mit Spielräumen, denken wir nur an Hakims Imbiss!

Die Verlagerung des Rewe-Marktes Richtung Westen ist eine gute Entscheidung gewesen. Mit der für neuen Wohnraum dann freigemachten Fläche des heutigen Rewe-Areals wird eine Arrondierung des Wohnens westlich der Römerstraße entstehen und das Bild vom einst gewerblichen, lauten Rohrbach wird langsam verblassen.

Warum dieser Exkurs? Mir geht es darum noch einmal aufzuzeigen, dass eine positive Entwicklung stattgefunden hat. Es hat am Anfang schon ein wenig Mut gebraucht, um an die Verwandlung dieses eher staubigen, ungeschmeidigen Gebiets im Süden von Heidelberg zu glauben und wir sind nach wie vor dankbar, dass unsere Bauherren mit dem Eichendorff-Forum diesen Schritt gewagt haben und wir dies mitgestalten durften. Es hat sich also gelohnt, dass man im Studium „Die Geschichte der Stadt“ von Leonardo Benevolo gelesen oder die Siedlung „Onkel Toms Hütte“ von Bruno Taut und anderen Kollegen in Berlin besucht hat.

Nun zu der neuen, völlig in der Dimension aus der Bahn gelaufenen Reklame in der Achse der Sickingenstraße. Bei der Genehmigung beim Baurechtsamt für einer Werbeanlage, so der terminus technicus haben die Planer nicht selten ihre Not. Zwischen dem Wunsch des Bauherren und Gewerbetreibenden für sein Gebäude Aufmerksamkeit zu erreichen oder der schnöden Aufgabe dass der Weg ins Parkhaus gefunden wird, steht auf der anderen Seite die Passion für alle einen positiven Stadtraum zu gestalten und zu erhalten. Hierbei bestehen nicht selten viele sich widersprechende Ideen und es sind nicht selten einige Kämpfe auszustehen.

Um Wildwuchs zu verhindern gibt es auch in Heidelberg ohne Genehmigung keine Werbung, keine Neoreklame oder kein Hinweisschild! In der Altstadt gibt es vieles überhaupt nicht mehr! Tja und in Rohrbach? Auch hier haben wir schon Anträge gestellt und deutliche Rahmen genannt bekommen. Klar Rohrbach ist nicht die Altstadt, aber dennoch ich habe es nie für möglich gehalten, dass solch eine gewaltige Anlage wie sie nun in der Sickingenstraße steht überhaupt vom Grundansatz her genehmigungsfähig ist. Ich denke ich muss mich über die Wirkung und Qualität dieser Werbeanlage und ihre negative Wirkung auf alles was hier geschaffen wurde nicht auslassen. Ich arbeite auch nur hier und werde nicht wie die Bewohner der Reihenhäuser beim Schlafen gestört. Dennoch, was bleibt ist ein großes Fragezeichen und das absolute Unverständnis wie man daran glauben kann, dass in diesem städtebaulichen Kontext ein großes Schild, nach dem Motto „viel hilft viel“ die Umsatzzahlen steigern hilft. Ich denke dabei nur an eine ähnliche Werbeanlage an der A5 bei Bruchsal. Ich glaube „Erdbeermund“ steht drauf!