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Bezirksbeiräte streiken
Die Bürgerbeteiligung und der Jargon der Eigentlichkeit – Gute Vorsätze für die Stadtverwaltung
Ein Gastkommentar von Han David
Ja, die Bürgerbeteiligung ist ganz schön kompliziert. Da braucht es Professoren und Gremien, die Konzepte erarbeiten, umsetzen und vor allem evaluieren. Da gibt es eine Menge Leute in der Stadt, die quasi hauptberuflich Bürger beteiligen. Aber die einfachen Dinge, die sieht man angesichts all der Arbeit nicht.
Zum Beispiel die Sprache. Das ist so eine Sache, die man leicht übersieht. Wollen sich Bürger beteiligen, will man, dass sich Bürger beteiligen, dann ist eine Grundvoraussetzung, dass die Bürger verstehen, um was es geht.
Banal? Ja, aber leider nicht in aller Bewusstsein. Nehmen wir ein Beispiel. Über Monate hinweg haben Bürger sich mit der Verkehrs- und Parksituation in Rohrbach-West beschäftigt. Schwierige Sache: Jeder will fahren - so hurtig wie möglich. Und Parken - möglichst vor der Haustür. Doch wir leben nicht in Amerika, der Platz ist begrenzt. Also gibt es Konflikte und Ärger. Und eine bürgerbeteiligende Stadt geht auf diesen Ärger ein und gründet einen Runden Tisch, stattet diesen mit professionellen Moderatoren aus und lässt sich das sogar etwas kosten. Der Runde Tisch diskutiert und koppelt rück und diskutiert und koppelt rück und formuliert schließlich ein Konzept. Das bildet die Grundlage dafür, dass sich andere Bürger, der Bezirksbeirat und schließlich die Gemeinderäte mit den Vorschlägen beschäftigen und letztlich entscheiden.
Womit wir am Ende der langen Vorrede wären und wieder bei deren Anfang: wer etwas entscheiden will, muss verstehen, was vorgeschlagen wird. Manchmal ist das nicht einfach, ist eine Fachsprache unumgänglich, z. B. wenn es um rechtliche Dinge geht, wie z. B. bei Bebauungsplanverfahren.
Manchmal ginge es aber auch anders. Aber auch da schlägt der Fachwortschatzschimmel gerne zu. Besonders gut lässt sich das bei allem beobachten, was mit Verkehr zu tun hat. Da wird hemmungslos an- und durchgebunden, ertüchtigt, parkiert und attraktiviert. Und das am liebsten substantiviert. Und der Laie, der kleine Bezirksbei- oder Gemeinderat arbeitet sich mühsam durch dicke Papierstapel und überlegt Satz für Satz: "Was will uns der Autor wohl damit sagen?"
Selbst Siri scheitert, wenn ich versuche, meinem iPad das zu diktieren, was den Bezirksbeiräten als Grundlage für ihre Entscheidung zum "Verkehrskonzept Rohrbach-West" vorgelegt wird:
„Deutliche Reduktion der Fakt Hugh uns angeboten, den ausgewiesenen verkehrsberuhigten zahlreichen zur Verbesserung ist jetzt nicht Kontakte zwischen den Verkehrsteilnehmern und Kindern (kein TV Umfragen)”,
versteht Siri. „Hä?”, bzw. „wie bitte?” denken Sie zu recht, je nach dem welchen sprachlichen Code Sie bevorzugen. Aber ist das Original wirklich so viel verständlicher
„Deutliche Reduktion des Parkierungsangebots in den ausgewiesenen "Verkehrsberuhigten Bereichen" zur Verbesserung der Sichtkontakte zwischen Verkehrsteilnehmern und Kindern (kein Gehwegparken)”?
Das nächste Beispiel tippe ich lieber gleich selbst:
„Neuordnung des Parkierungsangebots vor dem Hintergrund der notwendigen Querschnittbreiten der Radstraße für Begegnungsfall KFZ/Rad mit der Zielsetzung, die Reduktion der Parkierung möglichst zu minimieren.”
Ist das nicht süß? Man will, dass möglichst wenig Parkplätze wegfallen und trotzdem Autos und Radfahrer gut aneinander vorbeikommen. Nur: Warum sagt man das nicht einfach?
Böse Zungen meinen, der Grund für diese verschraubte Sprache sei, dass man es den Bezirksbeiräten nicht gar zu einfach machen will. Aber als alter Geisteswissenschafter weiß ich, wie schnell man selbst den Reizen der Fachsprache verfällt und einem Jargon der Eigentlichkeit huldigt, der dafür sorgt, „dass, was er möchte, in weitem Maß ohne Rücksicht auf den Inhalt der Worte gespürt und akzeptiert wird durch ihren Vortrag.“
Was zugegebenermaßen auch nicht sonderlich verständlich ist und allein dem Zweck dient, zu zeigen, dass der Autor seinen Adorno gelesen, wenn auch nur begrenzt verstanden hat ... und dann vor lauter Halbwissen fast vergisst, um was es hier eigentlich geht: Die Bürgerbeteiligung und die Sprache.
Also: wahrscheinlich sind diejenigen, die Vorlagen wie die zitierte schreiben, einfach so in ihrer Fachsprache verfangen, dass sie gar nicht mehr anders können. Und da wäre es doch ein prima guter Vorsatz für unsere Bürger- und Gremienbeteiligungsbeauftragten, 2014 städtische Mitarbeiter zu schulen, Vorlagen so zu formulieren, dass auch Nichtfachleute ohne Übersetzer in der Lage sind, sie zu verstehen. Das wäre ein kleiner Schritt für die Verwaltung, aber ein großer Sprung für uns beteiligte Bürger.
Schließlich wollen wir doch alle dasselbe, unsere Stadt und natürlich unseren Stadtteil noch lebenswerter machen. Oder, wIe das Bürgermeister Stadel neulich so schön sagte: „Rohrbach strukturell weiter qualifizieren”!
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