Fahrradstraße Leimer Straße?
Keine gute Idee?
Die geplante Einrichtung von Fahrradstraßen, speziell die in der Leimer Straße, schlägt einige Wellen. Berichte in der Rhein-Neckar-Zeitung hatten den Eindruck erweckt, als könnte diese Fahrradstraße nur dann verwirklicht werden, wenn die Geschwindigkeit in der gesamten Straße auf Tempo 30 festgelegt würde. Das hieße aber auch, dass sie im engen Teil der Leimerstraße die Geschwindigkeit sogar erhöht werden müsste.
„Leimer Straße (Rohrbach bis Leimen) mit durchschnittlich 624 Radfahrern und 1783 Autos am Tag auf einer Länge von 2200 Metern (68 Punkte) – aber nur, wenn durchgängig Tempo 30 eingeführt wird.” (Rhein-Neckar-Zeitung, 18.08.2017)
Nach Durchsicht der Unterlagen, die auf der Website der Stadt Heidelberg zu finden sind, stellt sich das allerdings etwas anders dar.
Die Machbarkeitsuntersuchung und die Empfehlungen der Stadtverwaltung
Die Stadt Heidelberg beabsichtigt, nach der Plöck weitere Straßen in Heidelberg zu Fahrradstraßen zu machen und damit den Radverkehr sicherer, schneller und attraktiver zu machen.
Die Stadtverwaltung beruft sich auf die ERA 2010 (Empfehlungen für Radverkehrsanlagen), in der für Fahrradstraßen ausgeführt werde:
„Fahrradstraßen sind [..] insbesondere für Hauptverbindungen des Radverkehrs bzw. bei hohem Radverkehrsaufkommen geeignet. Sie machen Hauptverbindungen im Erschließungsstraßennetz sichtbar und begünstigen eine Bündelung des Radverkehrs. Ein besonders gleichmäßiger Verkehrsfluss und eine hohe Reisegeschwindigkeit für den Radverkehr werden erreicht, wenn die Fahrradstraße gegenüber einmündenden Straßen Vorfahrt bekommt. Dann sind gegebenenfalls Maßnahmen zu ergreifen, die die Geschwindigkeiten des Kraftfahrzeugverkehrs im Zuge der Fahrradstraße wirksam dämpfen können. Die Entscheidung über die Vorfahrt sollte deshalb von örtlichen Gegebenheiten abhängig gemacht werden. An Einmündungen und Kreuzungen empfiehlt sich ein Fahrradpiktogramm auf der Fahrbahn, optional auch eine bauliche Einengung“.
Dies soll bei der Umsetzung von Fahrradstraßen in Heidelberg berücksichtigt werden. (Informationsvorlage für den Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschuss 13.09.2017, Drucksache: 0 1 4 3 / 2 0 1 7 / IV)
Die Stadtverwaltung hat nun „in Abstimmung mit der AG Rad” eine Liste von 20 Straßen erstellt, deren Eignung als Fahrradstraße geprüft wurden. Dabei wurden auch Straßen/-abschnitte in Rohrbach untersucht. Außerdem schlägt das untersuchende Büro auch noch die Hardtstraße und die Schäfergasse in Kirchheim Rohrbach und ebenso die Veit-Stoss-Straße/Turnerstraße zwischen Fichtestraße und Römerstraße in der Südstadt. Die Untersuchenden müssen extrem engagierte Rohrbacher gewesen sein … oder ein Stück weit ignorant.
. Im realen Rohrbach wurden folgende Bereiche untersucht:
- 6) Görrestraße/von der Tann Straße zwischen Rohrbacher Straße und Eichendorffstraße
- 7)
- 11) Fabrikstraße/Kolbenzeil zwischen Sickingenstraße und Konstanzer Straße
- 17) Leimer Straße zwischen Bierhelder Weg und Rohrbacher Straße (Ortseingang Leimen)
- 20) Brechtelstraße zwischen Heinrich‐Fuchs‐Straße und Sickingenstraße
Nur die Strecke Veit-Stoss-Straße/Turnerstraße zwischen Fichtestraße und Römerstraße wird als „geeignet” für eine Fahrradstraße eingestuft, alle anderen Rohrbach Strecken gelten als Keine dieser Strecken wird als „bedingt geeignet”. Das hängt vor allem mit den Fahrbahnbreiten zusammen.
Trotzdem soll die Leimer Straße prioritär umgesetzt werden. Die Begründung der Verwaltung:
zu Nr. 17
„Diese Strecke ist als überregional bedeutsame Strecke vom Ministerium für Verkehr in das RadNETZ Baden-Württemberg aufgenommen worden, mit dem Ziel diese als Fahrradstraße auszuweisen. Die Verwaltung beabsichtigt deshalb, die gesamte Strecke als Fahrradstraße auszuweisen.
Nach Anlage 2 Nr. 23 StVO gilt für den Fahrverkehr in Fahrradstraßen eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h. Voraussetzung für die Einrichtung einer Fahrradstraße ist deshalb eine Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von derzeit 50 km/h auf 30 km/h in den Streckenabschnitten c und d. Im Streckenabschnitt a würde es bei der aktuell gültigen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h (Schleifweg bis Burnhofweg) bzw. 20 km/h (Burnhofweg bis Bierhelderweg) bleiben.” (Informationsvorlage für den Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschuss 13.09.2017, Drucksache: 0 1 4 3 / 2 0 1 7 / IV)
Was würde das konkret bedeuten?
- Die gesamte Leimer Straße vom Burnhofweg bis an die Leimer Grenze würde Fahrradstraße.
- Zwischen Bierhelderweg und Burnhofweg bliebe es bei Tempo 20.
- Zwischen Burnhofweg und dem Ortsausgangsschild Heidelberg-Rohrbach bliebe es bei Tempo 30.
- Zwischen dem Ortsausgangsschild Heidelberg-Rohrbach und der Leimer Grenze dürfte ebenfalls nur noch Tempo 30 gefahren werden (bisher: 100/50 km/h).
Was könnte es auch bedeuten?
- In den engen Abschnitten der Leimer Straße, zwischen Bierhelderweg und Friedrich-Weinbrenner Straße könnte sich die Situation der Fußgänger noch mehr verschlechtern, denn viele Radfahrer würden die Fahrradstraße sicher als „ihre Straße” ansehen. Schließlich ist das Ziel der Fahrradstraße ja die Bündelung und Beschleunigung des Radverkehrs.
- Sollte die Stadt zudem die Leimer Straße durchgehend zur Vorfahrstraße machen, würde das nicht nur den Fahrradverkehr beschleunigen, sondern auch die Autos, die derzeit stadtauswärts noch stark durch die Rechts-vor-Links-Regelung ausgebremst werden.
Fazit
Das, was am 18. August in der Rhein-Neckar-Zeitung stand, stimmt nicht in jeder Hinsicht. Die RNZ hatte geschrieben das die Einführung einer Fahrradstraße auf der Leimerstraße nur dann möglich sei, wenn durchgängig Tempo 30 eingeführt wird. Die Machbarkeitsuntersuchung und in der Informationsvorlage der Stadt Heidelberg für den Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschuss gibt das jedoch nicht her. Hier ist nur davon die Rede, dass maximal Tempo 30 eingehalten werden muss. Für den engen Bereich der Leimerstraße soll, das ist dezidiert so genannt, Tempo 20 beibehalten werden.
Das ändert allerdings nichts an unserer Kritik an dem Teil der Fahrradstraße zwischen Bierhelderweg und Friedrich-Weinbrenner-Straße. Wir fordern seit vielen vielen Jahren, die Verkehrssicherheit in der Leimer Straße zu verbessern. Die unbefriedigende Situation wurde im Rahmen des Sanierungsgebiets Rohrbach und den in diesem Zusammenhang veranstalteten Runden Tischen im Stadtteil diskutiert. Auch der Stadtteilverein, unterstützt durch engagierte Rohrbacher Bewohnerinnen und Bewohner hat sich mit der Verkehrssituation und Gestaltungsmöglichkeiten zur Erhöhung der Verkehrssicherheit in der Leimer Straße beschäftigt und einen Vorschlag zur künftigen Umgestaltung des Straßenraums eingebracht.
Als Ergebnis wurde festgehalten und vom Gemeinderat am 02.12.2010 beschlossen, dass die Leimer Straße als Maßnahme der Prioritätenstufe 2 und 3 eingestuft und die Herstellung eines durchgängig benutzbaren, barrierefreien Gehwegs empfohlen wird. Diese Empfehlung wurde 2016/2017 aufgegriffen und nach enger Abstimmung auch mit dem Stadtteilverein ein Vorentwurf für einen Umbau der Straße erstellt, in dem Umsetzungsmöglichkeiten geprüft wurden.
Dabei wurde festgestellt, dass die in der Leimer Straße vorhandene Straßenraumbreite die Anlage eines ausreichend breiten Gehweges nach den Richtlinien zur Anlage von Stadtstraßen nicht zulässt. Stattdessen schlug die Verwaltung vor, eine Mischverkehrsfläche ohne Bordsteine herzustellen, in der alle Verkehrsteilnehmenden den gesamten Straßenraum gleichberechtigt nutzen. Dieser Vorschlag wurde sowohl vom Rohrbacher Bezirksbeirat, als auch vom Gemeinderat beschlossen und soll nun umgesetzt werden.
Der Vorschlag ist ein Kompromiss. Denn natürlich gibt es Leute, die am liebsten alle Autos aus der Straße verbannen würden und auf der anderen Seite Leute, die möglichst ungestört und flott mit ihrem Auto durch die Straße kommen wollen. Der Vorschlag der Verwaltung, der auch mit dem Verkehrsmanagement abgestimmt ist, sieht eine Lösung vor, die für den Teil des engen Bereichs der Leimer Straße für den ein Umbau ansteht, angemessen ist. Trotzdem ist diese Lösung nur dann sinnvoll und schützt die berechtigten Interessen aller, auch die der Fußgänger, wenn alle Verkehrsteilnehmer aufeinander Rücksicht nehmen und sich entsprechend langsam und vorsichtig bewegen.
Die Überlegungen, die Leimer Straße zur Fahrradstraße konterkariert nun aber diese Planungen. Sicher stimmt es, dass Fahrradstraßen die Sicherheit der Radfahrer erhöhen, aber ihr Hauptzweck ist es, das Radfahren attraktiver und schneller zu machen. Auf Fahrradstraßen sind Radfahrer bevorrechtigt, Autos und Fußgänger müssen sich unterordnen, Fußgänger den Gehweg benutzen. Dieser, der Gehweg, ist aber weder derzeit noch in der umgebauten Leimer Straße vorhanden. Auch wenn Fahrradstraßen an sehr vielen Stellen eine äußerst sinnvolle Einrichtung sind, im nördlichen Teil der Leimer Straße würde die Umsetzung der Pläne zu einer Verschlechterung der Situation für die Fußgänger führen.
Und nun?
Unerfreulich ist, dass man den Eindruck hat, dass die Stadtverwaltung die Pläne vor Ort gar nicht diskutieren will. Es sieht so aus, dass eine Umsetzung möglich ist, ohne dass der Bezirksbeirat dazu Stellung nehmen kann. Beim Umbau der St. Peter-Straße wurde der Bezirksbeirat zwar informiert, durfte aber nicht zustimmen/ablehnen. Es bleibt zu hoffen, das im Fall der Fahrradstraße der Rohrbach Bezirksbeirat wenigstens um seine Meinung gefragt wird. Es kann nicht sein, dass städtische Maßnahmen, die so stark in das unmittelbare Lebensumfeld der Menschen eingreifen, umgesetzt werden, ohne die Betroffenen zu hören.
Auch der Bezirksbeirat ist skeptisch …
Auch der Rohrbacher Bezirksbeirat teilt die Befürchtungen. Er ist zudem verärgert, dass die Umwandlung der Straße geschehen soll, ohne dass er auch nur informiert wird. Bei zwei Enthaltungen und ohne Gegenstimmen beschloss er am 11. Oktober:
Der Bezirksbeirat Rohrbach rügt, dass die Pläne zur Umwandlung der Leimerstraße in eine Fahrradstraße ohne Beratung im Beirat umgesetzt werden sollen. Er befürchtet, dass eine Umsetzung gravierende Nachteile für Fußgänger im Bereich Bierhelderweg bis Friedrich-Weinbrenner-Straße mit sich bringen würde.
Der Bezirksbeirat Rohrbach fordert deshalb, dass die Planungen vorerst nicht umgesetzt werden, sondern zunächst im Beirat begründet werden und diesem Gelegenheit zur Beratung und Zustimmung/Ablehnung gegeben wird.
Kommentar von Christoph Rothfuß |
Ein Kompromis könnte sein, den Bereich bis Burnhofweg als Shared-Space auszuweisen (alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt) und südlich Burnhofweg als Fahrradstrasse. Übrigens sind nicht nur die Tempoangaben im RNZ-Artikel vom 18.08 fehlerhaft auch die Zahl der Autos:
In der Leimer Str. beträgt der Radanteil 35% (=624 Radfahrer) der Autofahreranteil ist nicht 100% (=1783 Autos), sondern 65% (=1159 Autos)
(bei den anderen Strassen stimmt die Berechnung)
http://ww1.heidelberg.de/buergerinfo/vo0050.asp?__kvonr=24930&voselect=5478 01_Machbarkeitsstudie S.49
Kommentar von Larissa Winter-Horn |
Im Bereich südlich des Burnhofwegs bis zur Firiedrich-Weinbrenner-Straße ist zwar auf einer Straßenseite ein Gehweg vorhanden.
Da dieser teilweise jedoch nur 60 cm breit ist, stellt sich die Frage, ob man den Gehweg tatsächlich als solchen bezeichnen kann.
In jedem Fall ist es für Rollstuhlfahrer, Menschen mit Rollatoren oder Kinderwägen teilweise nicht möglich diesen zu nutzen,
so dass diese notwendiger Weise auf die Straße ausweichen müssen. Deshalb ist es auch in diesem Bereich absolut erforderlich,
dass alle Verkehrsteilnehmer aufeinander Rücksicht nehmen.
Südlich der Friedrich-Weinbrenner-Straße werden sowohl die Straße als auch die Gehwege breiter,
aber dort beginnt auch zunächst auf der einen Seite und später auf beiden Seiten der landwirtschaftliche Bereich.
Die Traktoren fahren unmittelbar von der Leimerstraße in Äcker und Weinberge ein und fahren umgekehrt
auch aus den Äckern und Weinbergen unmittelbar auf die Leimerstraße.
Auch hier ist eine gegenseitige Rücksichtnahme unbedingt erforderlich.
Und zu guter letzt möchte ich noch einmal betonen, dass die Leimerstraße keine Nebenstraße ist,
bei der der Autoverkehr eine untergeordnete Rolle spielt, wie es in den Leitlinien zur Ausweisung einer Fahrradstraße steht.
Die Rohrbacher Bürger sind darauf angewiesen, die Leimerstraße in Richtung Norden zu befahren,
um den Ortskern zu erreichen, da es für den Kraftverkehr die einzige Verbindung in den Ortskern ist.
In Richtung Süden erreicht man über die Leimerstraße die Bundesstraße bzw. nachfolgend die Autobahn.
Aus all diesen Gründen wurde die Leimerstraße auch nur als „bedingt geeignet“ eingestuft.
Ich gehe weiter und fordere, dass diese Straße nicht als Fahrradstraße ausgewiesen wird!
Kommentar von Thomas Grimm |
Der Fahrradverkehrsfluss mag durch die Maßnahmen zunehmen, sicherer wird es aber für keinen Verkehrsteilnehmer, solange Pkw abgestellt werden, wie es gerade passt. Zwischen Traube und Burnhofweg ist die Leimer Straße (besonders abends) oft gegen alle Vorschrift so zugeparkt, dass ich gerade mal mit dem Pkw durchkomme. Wie Rettungsfahrzeuge da passieren sollen, ist mir ein Rätsel. Gefährdet werden durch diese rücksichtslosen Parker auch nach einem wie auch immer gearteten Umbau nicht nur Fußgänger, sondern auch die schnelleren Radfahrer - da hilft dann auch der Titel "Fahrradstraße" nichts.
Kommentar von Eckhard Wolfin |
Eine Fahrradstraße im nördlichen Teil der Leimer Straße zwischen Bierhelderweg und Burnhofweg würde (angesichts der geringen Fahrbahnbreite) zu einer deutlichen Verschlechterung der Situation für Fußgänger führen. Hier ist unbedingt sicherzustellen, dass sich Fußgänger auf der - bewusst zur Entschleunigung geplanten (Tempo 20) - Mischverkehrsfläche sicher und gleichberechtigt bewegen können.
Deswegen muss es hier ganz klar heißen: FAHRRADSTRAßE - NEIN!
Kommentar von Christoph Rothfuß |
Die Stadt Heidelberg und die Stadt Leimen haben endlich, nach vielen Jahren eine Lösung für einen durchgehenden Radweg zwischen beiden Städten gefunden, d.h. der Radverkehr wird hier (deutlich) zunehmen - unabhängig davon, ob die Leimer Str. dann Fahrradstr. ist oder nicht. Die 624 Radfahrer werden also ansteigen und sich den 1159 Autos annähern
Die Traktoren aus den Äckern und Weinbergen dürfen heute schon nicht einfach auf die Leimer Str. einfahren, sondern müssen Vorfahrt gewähren. egal ob Fahrradstr. oder nicht.
Der Autoverkehr hat mehrere Möglichkeiten von Leimen in den Rohrbacher Ortskern zu fahren: B3-Schelklystr-Friedrich-Weinbrenner-Str oder Burnhofweg - Leimer Str. oder B3 - Parkstr.- Rathausstr. Der Radverkehr hat nur eine bequeme Möglichkeit: Die Leimer Str.