Schluss mit dem Gebabbel!
Jahreshauptversammlung 2003 des Stadtteilvereins
(28.3.2003)
von Hans-Jürgen Fuchs
Wie jedes Frühjahr, so versammelte sich auch dieses Mal wieder ein ansehnlicher Teil der insgesamt 583 Mitglieder des Rohrbacher Stadtteilvereins im Saal des Roten Ochsen. Die Entlastung des Vorstandes stand an, die üblichen Regularien und nicht zuletzt: Die Wiederwahl des 1. und 3. Vorsitzenden und des Beirates. Um es kurz zu machen, der Vorstand wurde genauso einstimmig und ohne Gegenstimmen oder Enthaltungen entlastet wie die zur Wahl stehenden Vorstände und Beiräte (wieder) gewählt. Und das nicht nur deswegen, weil es weit und breit keine Alternativen gab, sondern auch weil die Anwesenden tatsächlich geschlossen hinter ihren Repräsentanten steht.
Für Bernd Frauenfeld, den wiedergewählten 1. Vorsitzenden, eine eindrucksvolle Bestätigung seiner Politik an der Spitze des Vereins. Und die hatte ja durchaus Ecken und Kanten, an denen manch einer sich hätte reiben können. Doch dazu später mehr.
Bleiben wir noch ein wenig bei den "Regularien". Da gab es nämlich eine Ehrung, die den Geehrten unübersehbar überraschte. Der Stadtteilverein verlieh dem Kerweborscht, Museums-Aktiven und Verzähldisch-Gründer Gustav Knauber die Ehrenmitgliedschaft für sein Engagement. "Nicht mit der Gießkanne", so Frauenfeld, würde diese Ehre verteilt und normalerweise auch nicht an noch aktive Mitglieder. Doch Gustav Knauber sei der Ehre würdig: "Wenn es einer verdient hat, dann er. Rohrbach ohne Gustav, das geht nicht!", sprach Frauenfeld und umarmte Knauber, der sichtbar mit den Tränen rang.
Höhepunkt des Abends war wie immer der Jahresbericht des 1. Vorsitzenden. Dieser beinhaltet natürlich einen Rückblick auf die Vereinsaktivitäten, mit dem Dank für die Aktiven, aber auch eine Rückschau auf das, was die Rohrbacher im abgelaufenen Jahr bewegte. "Furukawa. Verkehr und Einzelhandel" nannte Bernd Frauenfeld als Schwerpunkte und begann mit dem Dauerbrenner Furukawa.
Furukawa
Frauenfeld berichtete von den Kämpfen, die notwendig gewesen waren, um wenigstens ein kleines Stückchen dessen zu retten, was früher einmal als Park gedacht und gefordert worden war. Im abgelaufenen Jahr gab es massive neuerliche Versuche, das verbleibende "Handtuch" auch noch aus der Planung zu streichen.
Stadtteilverein und »punker« haben hier gekämpft und Erfolg gehabt, auch wenn das Handtuch (um die Methaper eindeutig überzustrapazieren) immer noch nicht in trockenen Tüchern ist. Denn noch könnte Bethanien klagen. Bernd Frauenfeld hofft jedoch, dass es bei der jetzigen Planung bleibt: Ein kleiner Platz, der Bethanien gehört und auch von Bethanien gepflegt wird, tagsüber der Öffentlichkeit zur Verfügung steht, abends aber geschlossen wird.
Wochenmarkt
Die Verlegung des Wochenmarktes an das Rathaus nannte Frauenfeld einen großen Erfolg. Es sei die erste aber sicher nicht die letzte Zusammenarbeit von Stadtteilverein, »punker« und Gewerbeverein gewesen. Frauenfeld dankte ausdrücklich »punker« Thomas Kochhan, der die Hauptarbeit getragen habe. "Ist der überhaupt Mitglied im Stadtteilverein?", fragte Frauenfeld, "wenn nicht, dann soll er es schleunigst werden." Wir geben es gerne weiter.
Die Verlegung des Marktes werde auch dem Einzelhandel gerecht: Wo Leben herrsche, profitierten alle davon.
Rohrbach Markt
Den Schwerpunkt seines Jahresrückblicks legte Bernd Frauenfeld auf das Projekt "Umgestaltung des Rohrbach Markt". "Wir wollen diese Umgestaltung, weil sie gut ist. Wir brauchen sie, weil wir den Tunnel morgen und übermorgen nicht kriegen werden." Eines sei festzuhalten: So wie es jetzt sei, gehe es nicht weiter. Der massenhafte Verkehr, Geschäfte, die kaputt gehen, "kreuzgefährliche Übergänge und eine geringe Aufenthaltsqualität mit dem Charme der Nachkriegsjahre…" Rohrbach Markt müsse als Platz wieder erstehen, für unsere Kinder, unsere Enkel und für uns selbst.
Frauenfeld setzte sich auch mit möglichen Kritikern auseinander. Es gäbe Menschen, für die allein die Nennung des Begriffs "Verkehr" etwas ketzerisches habe. Dabei sei Verkehr nicht gleich Verkehr. Das Konzept von Stadtteilverein und »punker« sei von Uwe Bellm professionell erarbeitet worden und berücksichtige sehr wohl den Verkehr, den Rohrbach brauche. Den Durchgangsverkehr aber brauche Rohrbach "wie Bauchweh". "Oder glauben Sie etwa, dass der, der hier möglichst schnell durchfahren will, seine Wäsche in der Rathausstraße waschen läßt?". Autos, so Frauenfeld, würden ihre Wege suchen. Würde das Abbiegen von Süden in den Rohrbach Markt tatsächlich untersagt, so würde der Durchgangsverkehr eben anders laufen. Das sehe man nicht zuletzt daran, dass die Sperrung der Römerstraße für LKWs ohne Schwierigkeiten realisiert werden konnte. "Verkehr kann man lenken!", schrieb Frauenfeld manchem ins Stammbuch.
Und an dieser Stelle wurde er auch ein einziges Mal richtig heftig. Als es nämlich um die Behandlung des Themas im Bezirksbeirat ging, sei ihm "fast der Hut weggeflogen". "Da haben Leute, die ich in Rohrbach noch nie bei einer Veranstaltung gesehen habe, es allen Ernstes geschafft, dass der Bezirksbeirat keinen Antrag stellen konnte, dass das Konzept vorrangig behandelt wird." Was ihn vor allem ärgerte war, dass sich die Kritiker des Projektes im Bezirksbeirat bisher aus allen Diskussionen heraus gehalten hatten, der öffentlichen Diskussion ferngeblieben waren und nun plötzlich auftauchten um das Projekt zu zerreden. Unter dem Applaus der Anwesenden forderte Frauenfeld, endlich "mit dem Gebabbel" aufzuhören und etwas für Rohrbach zu tun.
Spielflächenkonzept und Seniorenzentrum
...streifte der 1. Vorsitzende ebenfalls kurz in seiner Rede. Er freute sich darüber, dass es gelungen sei, die Junkerwiese in ihrer jetzigen Form zu retten und nicht zum Spielplatz mit Geräten zu machen. Und er freute sich ebenfalls, sich nicht mehr über das fehlende Seniorenzentrum beschweren zu müssen. Das Zentrum ist eröffnet und hat mit einer fähigen Leitung seinen Betrieb aufgenommen.
LichterEuro
Auch »der punker« hatte sich Gedanken gemacht über die Finsternis, in der Rohrbach in der Vorweihnachtszeit verharrt, während andere Stadtteile mit Lichtlein dagegen ankämpfen. Stadtteil- und Gewerbeverein überlegten auch, holten Angebote ein und schnell wurde klar, dass eine richtige Weihnachtsbeleuchtung ziemlich teuer würde. Alle seien bereit, einen Teil dazu beizutragen. Doch ohne Mithilfe der Bevölkerung sei das nicht zu finanzieren. Deshalb rief Frauenfeld dazu auf, Strompaten zu finden, die mit dem einen oder anderen LichterEuro die Aktion unterstützen wollen.
Kommentar
"Viel ist geschafft, noch viel mehr ist zu tun!", schloss Frauenfeld seinen Jahresbericht 2003. Einen Rückblick, der sich in vielem von denen der Vorjahre unterschied. Oder besser vielleicht: von denen des Vorgängers. Es war eine verbindliche, aber sehr pointierte Rück- und Vorschau, die keinen Zweifel darüber zuließ, wie sich Frauenfeld die Weiterentwicklung des Stadtteiles vorstellt. Er erhielt dafür deutlichen Applaus – und 100% der Stimmen bei der Wiederwahl (und ich werde mich diesmal hüten, irgendwelche Vergleiche anzustellen, außer dem vielleicht, dass es immer mehr Politiker/innen gibt, die von einer solchen Zustimmung selbst in den eigenen Reihen gar nicht mehr zu träumen wagen). Frauenfeld weiß jedenfalls seine Leute geschlossen hinter sich. Und sollte es Kritiker geben, so brachten sie es noch nicht einmal fertig, in der Aussprache Stellung zu beziehen.
So gesehen ist auch Frauenfelds Verbitterung über das Verhalten eines Teils des Bezirksbeirates gut zu verstehen. Der Bezirksbeirat ist gedacht als Vertretung der Bürgerinnen und Bürger des Stadtteiles. Und das setzt ein gewisses Maß an Engagement voraus. Dies heißt nicht, auf jeder Hochzeit zu tanzen, sehr wohl aber, sich mit den drängenden Fragen des Stadtteils auf eigene Initiative auseinander zu setzen. Rohrbach Markt ist eine der wichtigsten Fragen hier. Und das nicht erst seit heute. Keiner der Kritiker des Bellm-Planes kann sagen, das er nicht Gelegenheit gehabt hätte, sich an der Diskussion zu beteiligen. Die Pläne waren Monate lang öffentlich gezeigt worden, im Papier- und Online-punker zu lesen. Es hatte eine öffentliche, plakatierte und in der RNZ ausgeschriebene Veranstaltung von Stadtteilverein und »punker« gegeben – zu der auch keiner der Kritiker gekommen war. Das allein spricht bereits für sich. Vertretung des Stadtteils ist eben tatsächlich mehr, als an drei, vier Sitzungen im Jahr teilzunehmen (oder auch nicht teilzunehmen) und dort zu sagen, was einem gerade durch den Kopf geht!
Unter dem Motto "Nicht schwätze, schaffe!" war Frauenfeld vor zwei Jahren angetreten. Er hat sich daran gehalten. Andere haben ihre Hausaufgaben noch zu machen!