Pogromnachtgedenken 2023
Text und Bilder: Hans-Jürgen Fuchs
Sicher spielten die Terroranschläge der Hamas auf Israel eine Rolle, dass zum diesjährigen Pogromnachtgedenken in Rohrbach trotz mäßigen Wetters noch mehr Menschen kamen als sonst. Die Anwesenden hörten eine kurze inhaltliche Einführung für den Stadtteilverein durch Hans-Jürgen Fuchs. Er betonte, dass es ihm schwer gefallen sei, Worte zu finden, angesichts der aktuellen Ereignisse. Fuchs konzentrierte sich auf den wachsenden Antisemitismus in unserem eigenen Land, der nach neusten Untersuchungen bis in die Mitte der Gesellschaft reicht. Er forderte dazu auf, diesen klar und eindeutig zu bekämpfen. Claudia Rink begrüße für den zweiten Veranstalter, den punker. Sie beschrieb ausführlich die Geschichte und das Schicksal der jüdischen Herkunftsfamilie des Hauptreferenten des Abends, Andreas Blumenthal, in Rohrbach.
Im Referat des Abends beschäftigte sich Andreas Blumenthal mit der jahrhundertealten Geschichte des Antisemitismus in Deutschland. Schwerpunkt seiner Darlegungen waren die antisemitischen Äußerungen von Martin Luther, die sich stellenweise wie eine Blaupause für die Verfolgung der Juden im Nationalsozialismus lasen. Der Psychiater und Philosoph Karl Jaspers, der jahrzehntelang in Heidelberg gelebt und gelehrt hat, bemerkte dazu: „Was Hitler getan, hat Luther geraten, mit Ausnahme der direkten Tötung durch Gaskammern.” Blumenthal forderte auch dazu auf, nicht die Augen davor zu verschließen, das führende Vertreter der deutschen Romantik ebenfalls ausgewiesene Judenhasser waren. Er zitierte aus Texten von Clemens Brentano und Achim von Arnim. Erschreckende Aussagen, die bei den Anwesenden sicher bleibende Eindrücke hinterließen. Angesichts der aktuellen Ereignisse verzichtete Andreas Blumenthal auf einen Teil seiner Ausführungen, die sich mit Antisemitismus in den Postcolonial Studies beschäftigen sollten. Dafür beschrieb er seine Sicht auf den Terrorangriff der Hamas auf Israel und sein Erschrecken darüber, dass es mehr Propalästinensische und antiisraelische Demonstrationen in Deutschland gibt als Solidaritätsbekundungen für die Opfer der Hamas.
Musikalisch wurde der Abend einfühlsam und beeindruckenden begleitet von Martina Baumann (Akkordeon), Anne Kloos (Gesang) und Uwe Loda (Klarinette). Luisa und Lykke , Konfirmandinnen der evangelischen Melanchtongemeinde, verlasen die Namen der 80 bekannten aus Rohrbach vertriebenen und größtenteils ermordeten Jüdinnen und Juden. Sibylle Baur-Kolster, ebenfalls von der Melanchthongemeinde, beendete mit einem Gebet den Teil der Veranstaltung, der am Alten Rathaus stattfand. Danach zogen die Menschen zum Denkmal für die ehemalige Synagoge in Rohrbach und hinterließen zur Erinnerung Kerzen. Sibylle Ziegler bedankte sich für die breite Teilnahme an der Veranstaltung und wünschte den Anwesenden eine gute Heimkehr.
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